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24.10. – 19.11.2017

Alexandra Pruscha

"Alle Landschaften haben sich mit blau erfüllt"

„Alle Landschaften haben sich mit Blau erfüllt“


Alexandra Pruscha unterzieht textile Materialien einem Prozess, der sie zu einer
Reflektionsfläche ihrer eigenen Herkunft und Geschichte sowie ihres vieldimensionalen kulturellen und künstlerischen Gebrauchs werden lässt. Ihre minimalistischen Kompositionen machen die Bandbreite ihrer Verwandlungen zwischen Leinen und Leinwand sichtbar.


Die Hanf-Leinen-Stoffe ihrer neuen Arbeiten hat die Künstlerin auf einem Wiener Flohmarkt gefunden. Es sind Einzelstücke aus Rumänien, die aus handgewebten Bahnen
zusammengenäht wurden. Jedes hat seine eigene, unbekannte Vorgeschichte.
Pruscha nahm sie nach Indien mit, wo sie über viele Jahre gelebt und gearbeitet hat. In den 90er-Jahren hat sie dort eine eigene Werkstatt aufgebaut. In Zusammenarbeit mit Handwerksbetrieben in Gujarat in der Wüste Thar hat sie die Stoffe mit Naturfarben gefärbt und mit Holzmodeln bedruckt.


Diese Farben lassen den Charakter der Textilien sichtbar werden. Im Idiom des Minimalismus wird den Oberflächen eine narrative und ästhetische Tiefe gegeben. Den Stoffen hängt nun etwas Individuelles und Singuläres an. Wie die Blätter aus dem „Farbtagebuch“ der Künstlerin dokumentieren sie geografische und kulturelle Identitäten, denen sie auf ihren Reisen zwischen Asien und Europa begegnet ist.


Text: Matthias Goldmann


*Der Titel ist dem Gedicht „Alle Landschaften“ von Georg Heym entnommen

 


Das Textil ist die Fläche zwischen Leib und Erde, soft, vermittelnd, eine Kindheitserinnerung. In Wahrheit besteht es aus den zum Gewebe zusammengezogenen Linien der Längen- und Breitengrade der Erde. Die Leinwand wird zum textilen Grund depotenziert, als das erkannt, was sie ist. Sie ist taktiles, dem touch zugehöriges Medium: Träger des erotischen Grundsinns.


Es ist aber auch der bewegliche Grund des Hauses. Die Abstraktion in der Kunst unterhält eine ursprüngliche Beziehung zum Kreuzen der Fäden und Anordnen von Flächen, als würde der textile Grund zum Vordergrund, zum Inhalt des Bildes. Alexandra Pruschas Textilien sind wie Lehrtafeln über die Entstehung der Abstraktion aus dem Fadenwerk.

 

Ihre langsam ihre Strahlen emittierenden Farben sind Souvenir des Kontakts mit bestimmten Böden, Pflanzen, Substanzen. Alexandra Pruschas textilen Arbeiten beschreiben eine Parabel über das Heimweh des Geistes nach der Erde.


Text: Elisabeth von Samsonow

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